Pressemitteilung des Bundesvorstandes von Courage vom 25.09.23
„Wir kämpfen gegen unmenschliche Arbeitsbedingungen, Schikanen und Entlassungen“
Mit dem „Lieferkettengesetz“ sollen eigentlich deutsche Konzerne dazu verpflichtet werden, bei ihren ausländischen Lieferanten menschenwürdige Arbeitsbedingungen und die Einhaltung von Umweltstandards durchzusetzen.
Beschäftigte des türkischen LIDL-Lieferanten Agrobay, der die Filialen in Deutschland mit Tomaten versorgt, protestieren seit mehr als 30 Tagen vor dem Agrobay-Gewächshaus in Izmir.
Seit Jahren erhalten sie verspätete Lohnzahlungen, machen unbezahlte Überstunden, haben kaum Pausen, sind ungeschützt Pestiziden ausgesetzt, leiden unter unzureichenden Sicherheitsvorkehrungen. Das soll dem LIDL-Konzern nicht bekannt gewesen sein?
Willkür und brutale Einschüchterung
Als sich die mehrheitlich weiblichen Beschäftigten deshalb in der Landarbeiter-Gewerkschaft Tarim-Sen organisierten, wurden 39 von ihnen Ende August entlassen! Vorwand: der „Code 46“. Er erlaubt Entlassungen, wenn man sich angeblich „illoyal“ verhalten hat, bei Diebstahl oder Weitergabe von Betriebsgeheimnissen. Wird man nach diesem Code entlassen, erhält
man weder Arbeitslosengeld noch Abfindungen oder Kündigungsentschädigungen. Diese Paragrafen erlauben Willkür und dienen einzig dem Zweck der brutalen Einschüchterung.
Doch für viele der überwiegend weiblichen Beschäftigen ist das Maß voll. Zurecht klagen sie Agrobay an:
Sie sind die wahren Diebe!
Deutsche Behörden müssen Verantwortung für die Umsetzung des gültigen Lieferkettengesetzes übernehmen
Nuran Karabulut, die schon seit 14 Jahren bei Agrobay arbeitet, berichtete der Frankfurter Rundschau: „Ich bin bei der Arbeit von einem Aufzug gefallen und sie ließen mich in der Notaufnahme mit der Anweisung zurück zu sagen, ich sei von einem Olivenbaum gefallen. Sie haben uns ständig bedroht“.
Um auf die besondere Ausbeutung und Unterdrückung ihres berechtigten Protests aufmerksam zu machen, demonstrierten die Arbeiterinnen vor dem deutschen Generalkonsulat in Istanbul und übergaben am 20. September einen Offenen Brief an den deutschen Generalkonsul. Sie fordern damit deutsche Behörden auf, Verantwortung für die Umsetzung des gültigen Lieferkettengesetzes zu übernehmen. Tägliche Protestaktionen vordem Gewächshaus in Bergama/Izmir gehen weiter. Immer wieder werden sie von der Polizei angegriffen, teilweise verletzt.
Der Frauenverband Courage erklärt die uneingeschränkte Solidarität mit den Beschäftigten von Agrobay/Türkei.
Wir fordern:
Sofortige Wiedereinstellung der entlassenen Kolleginnen und Kollegen!
Einhaltung geltender Arbeitsschutzgesetze für die Beschäftigten bei Agrobay!
Von der LIDL-Geschäftsführung fordern wir sofortige Maßnahmen zur Einhaltung des Lieferkettengesetzes. Keine Tomaten unter sklavereiähnlichen Arbeitsbedingungen in die LIDL-Filialen!
Schutz der Agrobay-Beschäftigten vor Repressalien und Kriminalisierung!
Bundesvorstand Frauenverband Courage