3. Internationale Bergarbeiterkonferenz – Die Lebens- und Arbeitsverhältnisse von Frauen und Familien schreien nach Veränderung

Am Sonntag, 3. September 2023, wurde die 3. Internationale Bergarbeiterkonferenz erfolgreich abgeschlossen.

Courage hat die Mit-Verantwortung übernommen sowohl für eines der 9 Foren „Lebens- und Arbeitsverhältnisse von Frauen und Familien“ sowie für das tolle Büffet am 2. Tag der Konferenz. Außerdem für die Einladung einer Teilnehmerin aus Uganda. Und für die Dekoration, wo Frauen aus Wuppertal sehr schöne Karten auf Ständern beisteuerten mit Aufschriften wie z.B.: „Unser Herz schlägt international – für eine Welt ohne Unterdrückung und Ausbeutung von Mensch und Natur.“

Für das Büffet spendeten Frauen quer durch die Republik Lebensmittel, meist in Folien, Gläsern und Dosen oder brachten aus Ferienwohnungen Salate, so dass zahlreiche Helferinnen zwei übervolle Büffetstraßen bestücken konnten mit allerlei Leckereien. Auch zahlreiche Grüße erreichten die Bergarbeiter. Der Plan, die Bergarbeiterkonferenz bekannt zu machen und den Bergleuten unsere geballte Frauenpower als Unterstützung der Konferenz zukommen zu lassen, ist voll aufgegangen.

Am Freitag nahmen viele Courage-Frauen teil am Forum, das mit 63 TeilnehmerInnen von einer kämpferischen und zukunftsweisenden Stimmung geprägt war. Frauen aus Gabun, aus der Türkei, Nepal, Iran, Kongo Uganda, Afghanistan und weitere berichteten über die menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen vor allem der Bergarbeiterinnen und ihrer Kinder in verschiedenen Ländern.

Es gab schriftliche Grüße aus Namibia von Sophia, aus Deutschland von Courage Heilbronn, Berichte aus Norwegen, Kongo, Serbien, China.
Protestiert wurde, dass Teilnehmerinnen aus Ruanda, Uganda, Südsudan und Elfenbeinküste die Einreise von der deutschen Regierung verweigert worden ist. Aus persönlichen und gesundheitlichen Gründen konnten Teilnehmer aus England nicht anreisen und schickten ein Grußwort.

„Ohne die Arbeit der 50 Millionen Bergleute auf der Erde, ohne die von ihnen geförderten Rohstoffe gibt es kein Leben. Die Bergarbeiterkonferenz ist ein Beitrag für den Zusammenschluss der Bergleute weltweit. Sie werden eine gewaltige Kraft, wenn sie sich zusammenschließen. Zu den Bergarbeitern gehören die Bergarbeiterfrauen, Kinder, Familien und ihre Lebensbedingungen. Denn ca. 13 Mio. Frauen arbeiten direkt im Bergbau.“

(Aus dem Einleitungsbeitrag)

Die Arbeits- und Lebensverhältnisse der Bergarbeiter und ihrer Familien verschlechtern sich durch weltweite Veränderungen drastisch: durch erbitterte Konkurrenz um Rohstoffe und Raubbau an den Schätzen der Erde. Die Politik der verbrannten Erde, wie z.B. die durch die RAG in Deutschland, ist eine internationale Erscheinung geworden.
Arbeits- und Lebensverhältnisse sind zwei Seiten des Systems der Ausbeutung und Unterdrückung und belasten Frauen und Familien.

Im Forum organisierten wir den Austausch unter Bergarbeiterfrauen und hörten Berichte von Frauen, die nicht teilnehmen konnten. Wie ist die Lage angesichts der verschärften Umweltsituation, Kampf der Konzerne um Rohstoffe, Inflation, Krisenlasten, Wohnen und die Sorge um die Kinder und die Zukunft? Wer sind die Verursacher? Warum machen sie das?

Unsere Sehnsucht nach einer menschlichen Gesellschaft ohne Ausbeutung, Unterdrückung und Kriegsgefahr, einem gesunden Leben für die Zukunft unserer Kinder wurde im Forum in vielen Beiträgen thematisiert.

Die Organisierung der internationalen Bergarbeiterinnen und Bergarbeiterfrauen in der Internationalen Bergarbeiterkoordination ist bedeutend. Wir wollen sie stärken!

Im Kampfprogramm heißt es dazu: „Wir stehen für die Gleichberechtigung der Frau. Frauen werden schlechter bezahlt und durch ungleiche Behandlung diskriminiert. Wir stellen uns gegen Sexismus, sexuelle Unterdrückung und Gewalt gegen Frauen. Gegen die Abwälzung der Lasten für die Pflege und Erziehung der Kinder und die Reproduktion der Arbeitskraft auf die Familien. Die Frauen und Familien müssen bei Krankheit, Verletzung bzw. Tod eines Familienmitglieds eine entsprechende Entschädigung bzw. Unterstützung bekommen. Wir kämpfen gegen alle Formen der besonderen Ausbeutung und Unterdrückung der Frau und unterstützen die internationale, kämpferische Frauenbewegung für die Befreiung der Frau.“

Wichtiges Thema war die ausbeuterische Kinderarbeit im Bergbau, vor allem im handwerklichen Bergbau. Kinder ab 5 Jahren sind extremen Arbeitsbedingungen ausgesetzt, dagegen gilt es, klare Forderungen zu entwickeln. Es wurde die Gefahr einer globalen Umweltkatastrophe und eines atomaren Dritten Weltkriegs ins Bewusstsein gerückt, was uns Frauen herausfordert, aktiv zu werden gegen die Möglichkeit der Vernichtung der Existenz der Menschheit. Es wurden Forderungen aufgestellt zur Versorgung und Bildung der Kinder, Gesundheitsschutz für Bergarbeiterinnen und Schutz schwangerer Frauen.

Aus Uganda wurde berichtet: „Bei uns arbeiten die Bergarbeiterinnen mit den bloßen Händen. Viele haben große gesundheitliche Probleme, Kinder können nicht zur Schule gehen. Die Häuser der Frauen sind im schlechten Zustand, weil sie für andere arbeiten müssen. Gesundheitsfürsorge ist nicht möglich und nicht bezahlbar. Krankenhäuser können sich nur Reiche leisten. Manche Männer in Uganda sind getötet oder angeschossen worden und können nicht mehr arbeiten. Wenn wir unsere Stimme erheben, werden wir eingesperrt. Wir werden geschlagen und danach rausgelassen, sie wollen, dass wir schweigen. Wir haben sehr schlechte Bedingungen. Aber wir brauchen Veränderungen, zunächst einmal brauchen wir ordentliches Werkzeug und besseren Gesundheitsschutz.“

Im Sudan, berichtet sie weiter, gibt es lokale Minen, dort arbeitende Frauen leben in Zelten.

Auch in Soma/Türkei gibt es sehr schlechte Arbeitsbedingungen. Frauen arbeiten in der Landwirtschaft, Männer in den Minen. Weltweit, auch in der Türkei, vernichten Bergbaumonopole ganze Landschaften. Die Bildung der Jugend wird nicht unterstützt, es gibt Drogenprobleme unter Jugendlichen. Berufskrankheiten werden nicht anerkannt. Es gibt 143 Berufskrankheiten, aber die häufigste, COP, ist nicht dabei.

Aus dem Iran gab es einen ergreifenden Beitrag: „Nach dem bewaffneten Kampf bin ich aus dem Iran ins Exil gekommen, mein Mann wurde exekutiert. Ich lebe mit meinem 2jährigen Kind in Frankreich. Der Kampf der Frauen im Iran ist derzeit der größte und er wird weitergehen: gegen Faschismus, gegen die Mullahs. Alle Frauen der Welt müssen diesen Kampf unterstützen, dazu ist der engere Zusammenschluss der Frauen weltweit notwendig.“

Im Kongo müssen Frauen nachts arbeiten und die Kinder alleine lassen. In der Schwangerschaft haben Frauen kein Recht, die Arbeit niederzulegen, es gibt keine Unterstützung bei Krankheit und keine Krankenversicherung. Sie brauchen Kleidung zum Schutz vor radioaktiv verseuchtem Wasser. Die Frauen arbeiten ohne ausreichende Schutzmaßnahmen mit Maschinen, es kommt immer wieder zu tödlichen Arbeitsunfällen in den 60 – 70 m tiefen Schächten.

Und eine Vertreterin aus Afghanistan bedankte sich beim Frauenverband Courage für die sehr wichtige Unterstützung der Kampagne von RAWA für die geheime Mädchenschulen. Sie berichtet, dass in Afghanistan – einem rohstoffreichen Land – 95 % der Bevölkerung unter der Armutsgrenze leben und es das einzige Land weltweit ist, das jungen Frauen Berufsausbildung und Schulbesuch verweigert.

Auch in einem so reichen Land wie Deutschland werden uns Lebensverhältnisse aufgezwungen, die nicht hingenommen werden können. Systematische wird von einem großen Bergbaukonzern unser Trinkwasser vergiftet. Nach der Stilllegung des Steinkohlenbergbaus steigt das Grubenwasser an und vergiftet unser Trinkwasser. Mit den ehemaligen Bergbauwohnungen wird heute Maximalprofit gemacht, auf Kosten der Mieter.

Im zweiten Teil des Forums wurde in einem Film aus Bolivien die abscheulichste Form der kapitalistischen Ausbeutung der Kinderarbeit gezeigt.

Unserer vor kurzem verstorbenen Couragefrau Susi widmete das Forum eine Gedenkminute. Susi als Bergarbeiterfrau hat ihr ganzes Leben gekämpft – in das Gedenken schlossen wir alle verstorbenen Frauen im Bergbau ein.

Wir Frauen bekräftigen: Wir leben hier in einem System, das die Lebensverhältnisse immer unerträglicher macht, auch durch die globale Umweltkatastrophe. Gleichzeitig wächst unser Kampfwille – und weltumspannend organisieren wir uns. Aber auch im eigenen Land, deshalb ist uns im Frauenverband Courage ein besonderes Anliegen, dass sich die Bergarbeiterfrauen-AG in Courage entschieden stärkt.

Protestresolution gegen die Verweigerung von Visa

1.September 2023
Thüringen Bergarbeiterkonferenz
Forum Lebens- und Arbeitsverhältnisse der Frauen und Familien

An die Bundesregierung – Außenministerin Annalena Baerbock

Wir protestieren entscheiden gegen die Verweigerung von Visa unter anderem für Teilnehmende aus Uganda, Südsudan und Elfenbeinküste.
Unser Forum mit 63 TeilnehmerInnen ist zutiefst empört, dass verhindert werden soll, dass sich die BergarbeiterInnen der ganzen Welt treffen und verbinden.
Wir greifen die Bundesregierung und ihre Außenministerin an, die für diese Bedingungen hauptverantwortlich ist.
Es ist eine ungeheuerliche Diffamierung, dass Teilnehmerinnen unterstellt wird, weil sie arm sind, würden sie nicht in ihr Heimatland zurück gehen. Aber Grenzen, Visaverbote und Verunglimpfung können die internationale, kämpferische Frauenbewegung nicht stoppen.