Chaba Seini Generalsekretärin der UNMS – (Union National Mujeres Saharaui) nahm am 13. Frauenpolitischen Ratschlag teil und berichtete über Leben und Kampf der Frauen in der von Marokko besetzen Westsahara und den Flüchtlingslagern in Algerien.
Seit 1975 ist die West-Sahara von Marokko militärisch besetzt. Die Rohstoffe des Landes, hauptsächlich Phosphor, aber auch die reichhaltigen Fischvorkommen vor der Küste, werden von internationalen Konzernen ausgeplündert. Zu diesem Zweck unterdrückt die Regierung von Marokko die Westsaharauis im besetzten Land – der letzten Kolonie in Afrika – aufs Schärfste.
Eine Mauer trennt die Menschen in den besetzten Gebieten von denen in seit 50 Jahre bestehenden Flüchtlingslagern auf algerischem Staatsgebiet.
170 000 Menschen haben sich in den Flüchtlingscamps eine demokratische Selbstverwaltung unter Führung der DARS (Demokratische Arabische Republik Sahara) auf kargem Land aufgebaut. Die UNMS (Unión Nacional de Mujeres Saharauis), die saharauische Frauenorganisation, hat wesentlich dazu beigetragen. Das Bildungsniveau der Jugend ist hoch, es gibt ein funktionierendes Gesundheitswesen, im Parlament sind Frauen mit 47 % vertreten.
Die Frauen stehen organisiert im Kampf um das Selbstbestimmungsrecht des Sahaurischen Volkes an der Seite ihrer Männer und sind gleichberechtigt.
Interview mit Chaba Seini Generalsekretärin der UNMS
– (Union National Mujeres Saharaui)
Chaba, du hast hier am Frauenpolitischen Ratschlag teilgenommen. Was ist dein Eindruck?
Zunächst möchte ich mich für die Einladung durch die Courage Gruppe in München bedanken, auch im Namen der saharauischen Frauen. So konnte ich an dieser großen internationalen Veranstaltung von Frauen aus Deutschland und vielen Ländern teilnehmen. Diese Veranstaltung hatte großen Eindruck auf mich. Es war erstaunlich zu sehen, wie mehr als 700 Frauen unterschiedlichen Hintergrunds und aus verschiedenen Kulturen in einem gemeinsamen Ziel vereint sind: Gerechtigkeit und Gleichheit, Widerstand gegen Unterdrückung, Faschismus und Imperialismus.
Es erfüllt mich mit Stolz, dass Frauen in der Lage sind, eine solches Treffen unabhängig und selbstständig zu organisieren. Das zeigt die Stärke und Entschlossenheit von Frauen, sich für Veränderungen einzusetzen. Hier zu sein, inmitten dieser Vielfalt, hat mir gezeigt, dass die Herausforderungen, mit denen Frauen auf der ganzen Welt konfrontiert sind, doch ähnlich sind. Es bestätigt, dass wir durch Einigkeit und Eintreten für unsere Rechte die Welt verändern können. Dazu gehört auch, dass die saharauischen Frauen ihren Kampf und Widerstand für Freiheit und Unabhängigkeit der Westsahara fortsetzen.
Du hast bei der Reise der Frauen einen Bericht über die Westsahara und die sahaurischen Frauen gehalten. Wie war die Reaktion auf deinen Bericht?
Ich erhielt bewegende Reaktionen von vielen Teilnehmerinnen, die großes Interesse an der Situation der saharauischen Flüchtlinge zeigten und an der Situation im besetzten Teil der Westsahara, der letzten Kolonie in Afrika. Es herrschte ein starkes Gefühl der Solidarität und Unterstützung und einige äußerten ihr Erstaunen darüber, dass wir seit über fünfzig Jahren in Flüchtlingslagern in Süd-Algerien in der Wüste leben. Ich habe neue Kontakte zu Frauen in verschiedenen Ländern geknüpft, die sich bereit erklärten, uns zu unterstützen und die saharauische Sache bekannt zu machen. Diese neuen Verbindungen geben mir Hoffnung, dass wir uns gemeinsam in der Welt Gehör verschaffen können. Wir müssen erinnern, dass zu Menschenrechten auch Freiheit und Würde gehören müssen.
Du hast auch am Treffen der Koordinatorinnen der Weltfrauenkonferenz teilgenommen. Überlegt ihr, euch dem kontinentalen Weltfrauen-Prozess in Afrika anzuschließen?
Natürlich habe ich die Absicht, dass wir uns aktiv am kontinentalen Prozess in Afrika beteiligen. Ich sehe die Verbindung unter den afrikanischen Frauenbewegungen als einen wesentlichen Teil unseres Kampfes als Frauen. Das gibt uns die Möglichkeit, unsere Stimme zu verstärken und Beziehungen zu Frauen aus ganz Afrika und der Welt zu knüpfen – Frauen, die sich nach Freiheit sehnen! Durch diesen Prozess können wir auch größeres Verständnis für unsere saharauische Sache erreichen und das Bewusstsein unserer Mitstreiterinnen in der Region schärfen, sowie andere Frauen und Kämpfe für Gerechtigkeit und Gleichheit auf der Welt unterstützen.
Bei der Sitzung der Koordinatorinnen der Weltfrauen wurden viele wichtige Themen besprochen. Etwas traurig war ich, dass die Resolution der Afrikakoordinatorin, in der auch die Solidarität mit den saharauischen Frauen genannt wurde, nicht mehr zur Abstimmung kam. Aber insgesamt bin ich sehr dankbar für die Solidarität. Das Besondere ist ja nicht nur, dass wir als Flüchtlinge 50 Jahre in der Wüste leben, sondern auch die Blockade der Medien gegenüber unserer gerechten Sache.
Aber wir Saharaui-Frauen werden weiterkämpfen!
Vielen Dank für das Interview.