Am 28. September ist der internationale „Safe Abortion Day“. Er wurde 1990 von Frauen aus Lateinamerika ins Leben gerufen. Weltweit erheben an diesem Tag Frauen ihre Stimme für einen legalen und sicheren Schwangerschaftsabbruch.
In einigen Ländern wie Argentinien oder Irland erkämpften Massenbewegungen wichtige Erfolge – gegen den massiven Einfluss der Katholischen Kirche und evangelikaler Kirchen. Das macht Mut!
Heute wird weltweit das Selbstbestimmungsrecht der Frauen von rechten Regierungen und Kräften angegriffen. So wurde in Polen ein faktisches Abtreibungsverbot gegen massive Proteste der Frauen und der Bevölkerung durchgesetzt. Dort mussten Frauen sterben, weil ihnen trotz bestehender Lebensgefahr eine Abtreibung verweigert wurde. In den USA kippten reaktionäre Verfassungsrichter das grundsätzliche Recht auf Abtreibung. Einige Bundesländer verschärften daraufhin sofort ihre Gesetze. Das rief weltweite Empörung und Proteste hervor.
Quer durch ganz Deutschland sind in über 50 Städten rund um den 28. September Aktionen geplant.
Auch wenn in Deutschland der Paragraf 219a StGB nun der Vergangenheit angehört, stehen Frauen, die eine Schwangerschaft abrechen wollen, enorm unter Druck.
Keine Frau entscheidet sich leichtfertig. Trotzdem Zwangsberatung, danach 3 Tage Bedenkzeit. Eine Klinik oder ein Praxis für den Abbruch finden wird in vielen Gegenden immer schwerer durch die Schließung von Kliniken und gynäkologischen Abteilungen, mangelnde Ausbildung Studierender, weil immer weniger Mediziner/innen Abbrüche durchführen – sei es aus „Gewissensgründen“ oder weil sie durch sogenannte „Lebensschützer“ bedroht werden. So müssen Frauen in Osthessen mindestens 100 km fahren, um eine Abtreibung durchführen zu lassen.
Frauen wird nach wie vor das Recht abgesprochen selbst zu entscheiden, ob sie eine Schwangerschaft austragen wollen oder nicht.
Nach § 218 StGB ist ein Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich eine Straftat, bleiben aber unter bestimmten Bedingungen straffrei. Frauen wird nach wie vor das Recht abgesprochen selbst zu entscheiden, ob sie eine Schwangerschaft austragen wollen oder nicht. Grundlage ist ein Urteil des 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts. Dieser kippte 1993 die erkämpfte, 1992 verabschiedete, fortschrittliche Fristenlösung als verfassungswidrig. Er erklärte für die schwangere Frau gäbe es die „grundsätzliche Pflicht zum Austragen des Kindes“. Der Staat müsse dafür sorgen, dass sie dieser nachkomme. Das ist nicht nur eine Entmündigung, es unterstellt, Frauen wären grundsätzlich verantwortungslos.
Wir Couragefrauen haben damals gesagt und halten daran fest:
⇒ Wir sind nicht die willenlosen ‚Gebärmütter‘, die Richter aus uns machen wollen.
⇒ Für das Selbstbestimmungsrecht der Frau – kein Richter, kein Staat, keine Kirche, keine Partei darf über eine Schwangerschaft und unser Leben entscheiden!
⇒ „Lebensschutz“ besteht für uns im organisierten Einsatz für eine lebenswerte Zukunft und für gesellschaftliche Verhältnisse, in denen sich Frauen ohne Bevormundung, ohne moralischen und wirtschaftlichen Druck ohne Angst um die natürlichen Lebensgrundlage oder vor Krieg und Gewalt für oder gegen Kinder entscheiden können!
⇒ Heute heißt das auch, dass wir uns aktiv der drohenden globalen Umweltkatastrophe, ungerechten Kriegen um die Ausweitung von Macht, Einflussgebiete, Märkten, Zugriff auf Rohstoffe und der sich zuspitzenden Gefahr eines 3. Weltkriegs entgegenstellen.
⇒ Dass wir NEIN sagen zur Abwälzung der Krisen- und Kriegslasten auf unserem Rücken.
Das bekräftigten auch die Frauen aus 45 Ländern von 4 Kontinenten, die Anfang September bei der 3. Weltfrauenkonferenz der Basisfrauen zusammenkamen.
Diese Art von „Lebensschutz“ hat Zukunft und nicht die Heuchelei der Abtreibungsgegner, die frau noch nie gesehen hat, wenn es etwa um den Schutz der „geborenen“ Kinder und Menschen geht, die weltweit auf der Flucht sind, denen das Leben der Frauen, die an unsicheren Abtreibungen oder mangelnder Gesundheitsversorgung sterben, keinen Pfifferling wert ist.
Gemeinsam mit den Aktivist*innen des Bündnisses für sexuelle Selbstbestimmung aus insgesamt fast 100 verschiedenen Organisationen, Parteien und Gruppen fordern wir:
- Ersatzlose Streichung von §218 StGB aus dem Strafgesetzbuch
- Uneingeschränkten flächendeckenden barrierefreien Zugang zu legalen wohnortnahen Schwangerschaftsabbrüchen
- Menschenrechtsbasierte Neuregelung des Schwangerschaftsabbruches auf Grundlage der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte
- Streichung der Beratungspflicht und der „Wartezeit“ (§218a)
- Das Recht auf qualifizierte und ergebnisoffene Beratung als verpflichtende Aufgabe des Bundes/der Länder
- Übernahme aller Kosten seitens der Krankenkassen und Behandlung des Schwangerschaftsabbruches als Teil der regulären Gesundheitsversorgung und des Gesundheitsschutzes
- Ausbildung in den Methoden des Schwangerschaftsabbruchs als verpflichtender Teil der Ausbildung von Fachärzt*innen und bzw. Studiengänge für Medizin
- Umfassende Informationen über und den kostenfreien Zugang zu allen Verhütungsmitteln für alle sowie kostenfreie Vergabe der „Pille danach“ als Notfallverhütung.
- Enttabuisierung des Schwangerschaftsabbruchs und Berücksichtigung des Themas in der sexuellen Bildung
- Soziale und ökonomische Unterstützung seitens des Staates und die Gewährleistung der notwendigen Infrastruktur für alle, die sich für ein Kind entscheiden, damit sie ihre eigene Lebensplanung aufrechterhalten können
Die im Februar 2022 erschiene Courage-Broschüre :
„Frauen wollen selbst entscheiden über Schwangerschaft oder Abbruch. §218 > raus aus dem Strafgesetzbuch!“
informiert über geschichtliche und aktuelle Hintergründe des Schwangerschaftsabbruchs. Frauen sollen ermutigt werden, sich mit anderen gemeinsam für die ersatzlose Streichung des § 218 zu engagieren und mit Curage gemeinsam für die eigenen Lebens- und Zukuntfsinteressen, für die wirkliche Befreiung der Frau.
In Frankfurt beteiligten wir uns am 28. September mit 2 Frauen an einer Kundgebung, zu der die Frauen der ASF eingeladen hatten. Unser Redebeitrag, der auch Bezug zur Weltfrauenkonferenz der Basisfrauen nahm, fand viel Beifall. Nach einem Werbeblock für die Courage-Broschüre verkauften in kurzer Zeit 7 Stück. Auch für die Resolution von Tunis interessierten sich einige Frauen.
Korrespondenz und Foto von Frauen der Courage-Gruppe Frankfurt