Bespitzelung von Flüchtlingen – ein Skandal

Breite Solidarität mit Fleur E.

In seiner Pressemitteilung fordert die Couragegruppe Tübingen Reutlingen den sofortigen Stopp der Bespitzelung von Flüchtlingen:

Es ist ein Skandal!  Fleur E. aus Kamerun wurde in einer Tübinger Flüchtlingsunterkunft bespitzelt und die Informationen über die Tübinger Ausländerbehörde an das BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) weiter gegeben.

„Das ist ein klarer Verstoß gegen Datenschutzbestimmungen – oder gelten solche Rechte etwa nicht für Flüchtende? Mit Hilfe dieser sogenannten Informationen, der Ausspionierung ihres Handys durch das BAMF und  unwahren Behauptungen hat das BAMF beim Verwaltungsgericht wieder beantragt, dass Fleur nach Italien nach Dublin III  abgeschoben wird. Dazu werden Unterlagen eingereicht, aus denen hervorgeht, dass Fleur – wohl auch wie andere Flüchtlinge – in ihrem Flüchtlingsheim intensiv beobachtet wird.

Nicht besonders schutzbedürftig?

Angeblich hätte sie auch noch Verwandte in verschiedensten Ländern der Erde, die ihren Lebensunterhalt bezahlen könnten, ausdrücklich angeführt wird auch, dass sie abends Besuche  – auch Männerbesuch – habe (!). Es wird weiter behauptet, dass sie nicht zu einem besonders schutzbedürftigen Personenkreis gehören würde.

Tatsächlich hatte das Verwaltungsgericht Karlsruhe aber bereits im März 2020 beschlossen, dass eine Abschiebung von Fleur nicht in Betracht kommt, da ihr aufgrund ihrer schweren gesundheitlichen Probleme in Italien Gefahren für Leib und Leben drohen. Dem ging eine intensive Auseinandersetzung in Verbindung mit einer ersten Solidaritätsaktion voraus.

Nachdem Fleur E. sich weiter eingewöhnt hatte, die deutsche Sprache immer besser lernte, gute Freundinnen gefunden hatte und eine Ausbildungsstelle in Aussicht hat, kommt nun die Seehofer-Behörde BAMF erneut an und will die Abänderung des rechtskräftigen Gerichtsbeschlusses, weil angeblich die Verhältnisse in Italien sich deutlich verbessert hätten und ihr wegen der Covid 19 – Pandemie keine Gefahr drohe.

Fleur floh vor tödlicher Verfolgung

Fleur E. floh 2014 gemeinsam mit Mann und  Sohn vor tödlicher Verfolgung aus religiösen Gründen aus Kamerun über Algerien nach Libyen. Dort wurde ihr Mann inhaftiert und gefoltert. Bei Fleurs Versuch  mit ihrem damals 2 ½ jährigen Sohn Juan am 13. Oktober 2016 übers Meer nach Italien zu kommen, kenterte das Boot und viele Bootsinsassen ertranken vor ihren Augen – auch ihr Sohn Juan.

Die libysche Küstenwache brachte Fleur E. und die anderen Überlebenden zurück nach Libyen in ein Internierungslager,  wo sie immer wieder vergewaltigt, unter Drogen gesetzt und misshandelt wurde. Bei der Flucht vor einer Vergewaltigung brach Fleur sich ihren Fuß. Sie blieb ohne jede medizinische Behandlung. Fleur E. gelang mit anderen Mitgefangenen die Flucht nach Italien, schwer traumatisiert und untröstlich über den Verlust ihres kleinen Sohnes. Dort hatte sie keine Möglichkeit einen Asylantrag zu stellen.

Um wieder mit ihrem Mann zusammen zu sein und psychotherapeutische und medizinische Hilfe zu bekommen folgte sie ihm Anfang 2019 nach Deutschland.

 

Seehofer will Abschiebungen wieder ankurbeln

Wie kommt das BAMF dazu so eine komplex traumatisierte, besonders schutzbedürftige und schwer kranke Frau wieder nach Italien abschieben zu wollen?  Bundesinnenminister Horst Seehofer will die Abschiebungen, die durch die Coronapandemie ins Stocken kamen, wieder ankurbeln um möglichst viele Flüchtlinge los zu werden. Das ist zutiefst zynisch und menschenverachtend und verstößt gegen die Menschenrechte. Es ist Ausdruck der Rechtsentwicklung der Bundesregierung und dabei kann sich Seehofer offensichtlich auch auf die Ausländerbehörde in Tübingen stützen. Die Flüchtlinge werden in tiefer Unsicherheit gelassen, sollen nicht zur Ruhe kommen und in ständiger Angst vor Abschiebung leben.

Sofortiger Stopp der Bespitzelung von Flüchtlingen in Tübingen

Behandlung des Asylantrags von Fleur E. in Deutschland!
Bleiberecht für Fleur E.  in Deutschland

i.A.  des Ortsvorstands Ulrike Held“