K., Mitglied im Frauenverband Courage, berichtet über ihre Erfahrung als Covid-19-Patientin.
Die Symptome
Ich bin Ende März an Covid-19 erkrankt. Die Krankheit hat mit Migräne, Übelkeit etc begonnen, so dass ich zuerst gar nicht den Verdacht hatte, es könnte sich um Corona handeln. Die Ärztin schrieb mich telefonisch für eine Woche krank. Erst als ich einen Anruf von einer Kollegin bekam, die mir mitteilte, dass ihr Partner positiv getestet wurde, klingelten die Alarmglocken.
Auf meinen erneuten Anruf sagte die Ärztin, es gebe derzeit keine Teststation, weshalb jemand den Test bei ihr abholen soll. Ich habe den Test dann selbst zuhause durchgeführt und ihn zum Labor bringen lassen. Mir ging es mittlerweile auch immer schlechter, ich bekam Fieber, Husten etc. Es ist eine sich ständig wandelnde Krankheit – kaum ging es etwas besser, gab es neue Symptome.
Die Diagnose
Das Ergebnis, dass ich positiv getestet wurde, bekam ich am Folgetag. Zuerst erhielt ich deshalb einen Anruf von meiner Ärztin, dann vom Gesundheitsamt. Bei letzterem Anruf habe ich den Hörer nicht abgenommen, weil ich ja krank im Bett lag. Daraufhin hinterließ mir das Amt auf dem Anrufbeantworter die unschöne Nachricht, dass mich eine Geldstrafe erwarte, falls ich die Quarantäne nicht einhalte. Nach dem Motto: Wenn Frau nicht ans Telefon geht, ist Frau nicht Hause.
Weder die Ärztin noch das Gesundheitsamt ist auf meine Krankheit eingegangen. Ich erhielt eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung: „Können Sie jemanden vorbeischicken, der diese abholt“, hieß es da tatsächlich. Erst auf Verlangen wurde sie mir per Post zugesandt.
Am Arbeitsplatz
Ich habe dann meinen Arbeitgeber von der Erkrankung unterrichtet. Hier bekam ich daraufhin ein Kontakformular zugesandt, um mitzuteilen, mit wem ich im engeren Kontakt stand. Da keiner dieser Kollegen Symptome zeigte, wurden sie entsprechend der damals geltenden Vorgabe der Regierung aber nicht getestet. Also kann ich nicht sicher sein, ob ich bzw. sie das Virus auf der Arbeit weiterverbreitet haben.
Die Isolation
Gut war, dass ich im telefonischen Kontakt mit meiner Kollegin stand. So hatte ich das Gefühl, nicht ganz alleine zu sein und konnte mich mit ihr über den Krankheitsverlauf und die Symptome austauschen.
Dennoch war das die schwierigste Zeit während meiner Erkrankung: Einerseits die ständigen Medienberichte über die Todesfälle in Frankreich, Spanien, Italien und die Debatte darüber, ob es denn in Deutschland genügend Betten in den Kliniken und genügend Beatmungsgeräte gibt. Andererseits meine Erfahrung, dass mich, die ich krank zuhause war, die ganze Zeit über kein Arzt sehen wollte. Ich bin kein Mensch, der bei einer Grippe gleich zum Arzt rennt, aber in dieser Situation der allgemeinen Verunsicherung hätte es mich schon beruhigt.
Als die Krankheit dann vorbei war, wurde es noch absurder: Ich musste wieder zur Arbeit, bekam aber vorher keinen erneuten Test und weiterhin keine persönliche ärztliche Untersuchung.
Die Behandlung
Meinen Partner hat das Virus auch erwischt, allerdings einige Tage nach mir. Es hat ihn um einiges härter erwischt, auch aufgrund seiner Vorerkrankungen, doch auch er kurierte die Krankheit zuhause aus.
Glücklicherweise habe ich über eine andere Courage-Frau einen freundschaftlichen Kontakt zu einem Lungenfacharzt, der uns telefonisch und medikamentös beraten und unterstützt hat. Das war eine große Hilfe und gab auch etwas Sicherheit, sich darauf einzustellen. Ich lernte unter telefonischer Anleitung z.B. wie man die Atemfrequenz misst, mit welchem Gerät wir Sauerstoff im Blut messen können etc. Er hat auch erklärt, was passiert, wenn der Mensch länger Fieber hat etc. Ich war in dieser Zeit zwar selbst noch krank, aber auf dem Wege der Besserung und konnte meinem Partner dann zur Seite stehen.
Was ich vom Krisenmanagement der Regierung halte
Wir haben Covid 19 beide gut überstanden und hoffen, dass wir keine Folgeschäden haben. Ich bin erleichtert, dass doch viele Betten in den Kliniken in Deutschland leer blieben.
Und zugleich: Wieso wurden die Patienten im besonders schlimm betroffenen nur 30 km entfernten Colmar (Elsass) mit Zügen nach Südfrankreich transportiert, anstatt sie hier zu behandeln? Die Uniklinik in Freiburg hat insgesamt 200 Covid-19 Patient/innen stationär versorgt – mehr als jede andere deutsche Klinik, dennoch war sie nicht ausgelastet.
Die Welt wurde auf einmal zurückgedreht, als hätte es nie offene Grenzen gegeben. Teilweise durften die Menschen noch zur Arbeit mit Sondererlaubnis über die Grenzen fahren, aber zum Einkaufen nicht mehr.
Auch die jetzt verordneten Lockerungen kann ich zum Teil nicht nachvollziehen. So wurde der „Europapark“ Rust (Freizeitpark) wieder für 10.000 Menschen geöffnet – Betreuungseinrichtungen für Kinder sind dagegen weiterhin geschlossen. Die Eltern und insbesondere die Frauen sind am Ende mit HomeOffice, Haushalt, Homeschooling usw.
Solidarität
Bedanken möchte ich mich bei allen Freund/innen, Courage-Frauen, Genoss/innen, Nachbar/innen, Kolleg/innen die mir/uns in dieser Zeit beistanden. Sie stellten mir immer wieder etwas vor die Wohnungstür, riefen an, versorgten mich mit Nachrichten und so einigem mehr.
Mich erschüttert es, dass viele Menschen in dieser Zeit des Lockdowns in ihren Wohnungen gestorben sind – teilweise nicht an Covid-19, sondern weil niemand von ihrer Krankheit erfuhr und sie sich nicht trauten zum Arzt zu gehen oder es – wie in meinem Fall – nicht durften. Ich kann nur sagen, das Virus dürfen wir nicht unterschätzen. Abstand halten und entsprechenden Mundschutz/Spukschutz sind sicher wichtige Maßnahmen, wie wir uns schützen können.
Unsere ganze Solidarität muss denjenigen gelten, die in unerträglichen Zuständen leben, in Flüchtlingscamps, Zelten, in Kriegsgebieten etc., und dauerhaft ohne ärztliche Versorgung sind. Gesundheitsschutz für geflüchtete Menschen, Evakuierung der menschenunwürdigen Lager und der Sammelunterkünfte – das sind ganz wichtige Forderungen.