Von Regen können wir uns nicht aufhalten lassen – Berichte über den Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen und Mädchen 2023

Wird laufend ergänzt…

Essen

„Schlechtes Wetter hat uns noch nie vom Kampf abgehalten“

Das war der Kommentar einer der beteiligten Frauen beim Aufbau der 5 Stände, als „pünktlich“ der Regen einsetzte. Der Frauenverband Courage hatte die Initiative für die diesjährige Aktionseinheit ergriffen, in die sich die kurdischen Frauen von Berivan Shengal, KF (Kommunistische Frauen), die interkulturelle Frauengruppe, die MLPD sowie weitere Frauen einreihten.

Mitten in der Fußgängerzone vor dem großen Einkaufszentrum bekamen wir reichlich Aufmerksamkeit. Einige Frauen hielten Bilder von Mahsa Amini (Iran) und anderen getöteten Frauen als Mahnung und Anklage hoch.

Zwischen den Redebeiträgen, in denen mehrfach die herrschenden Gesellschaftsverhältnisse als Quelle der Gewalt gegen Frauen und Kinder thematisiert wurde, sang die mutige A-Capella-Songgruppe den Hit der 1.Weltfrauenkonferenz der Basisfrauen „Vamos mujeres“, den umgedichteten Schlager „Ich hab doch ganz klar NEIN gesagt!“ mit neuen Strophen von Courage und „We will not go down – Gaza tonight“.

Der diesjährige 25. November war besonders den Opfern des Gaza-Kriegs gewidmet. Sowohl das Massaker der Hamas als auch der Völkermord, den das israelische Regime begeht, wurden insbesondere in den Reden von Courage und MLPD scharf verurteilt. So wurden 50,23 € an Spenden für die Krankenversorgung in Gaza gesammelt und am selben Abend an Solidarität International überwiesen.

Eine Gratulation ging an die katholische Frauenbewegung Maria 2.0, die es geschafft hat, dass das Denkmal von Kardinal Hengsbach abgebaut wurde. Einer der Kirchenfürsten, die tausendfach Kindern sexuelle Gewalt angetan haben. Stattdessen steht von uns die Forderung nach einem neuen Denkmal, eines für mutige Frauen!

Die kämpferische Stimmung konnte weder durch den Regen noch durch die Anmache einer leicht aggressiv auftretenden Aktivistengruppe für vegane Ernährung getrübt werden. Sie beschwerten sich bei der Polizei über unsere Lautstärke. Aber Frauen, die für ihre und die Rechte aller Frauen aufstehen, sind zurecht laut und tragen ihren Protest kämpferisch auf die Straße. Entsprechend wurde die Attacke gekontert und unser anziehendes Auftreten kein bisschen leiser. „Vamos mujeres!“

Hagen

Von Regen können wir uns nicht aufhalten lassen

In Hagen/Westfalen bekam der internationale Tag gegen Gewalt an Frauen mehrere Tage lang große Aufmerksamkeit durch verschiedene Aktionen und Presseberichte. Das ist eine gute Entwicklung angesichts der zunehmenden Gewalt an Frauen.
31 Frauen haben im vergangenen Jahr allein bei der Hagener Polizei Anzeige wegen Vergewaltigung erstattet. Das sind jeden Monat mehr als zwei. Die meisten der diesjährigen Aktionen beschränkten sich darauf, die häusliche Gewalt anzuprangern.

Auf unserer Kundgebung am 25.11. in der Hagener Innenstadt sprachen wir von Courage Hagen auch die gesellschaftliche Geringschätzung der Frauen an. Weniger Verdienst, minderwertige Jobs, Armutsrenten – all das wirkt bis in den Bereich der persönlichen Beziehungen. Eine Vertreterin der MLPD machte die bürgerliche Familienordnung als wesentliche Ursache für die Gewalt an Frauen verantwortlich.

Ein Höhepunkt unserer Kundgebung war der Beitrag einer iranischen Frau. Eindrucksvoll schilderte sie, wie im Iran mit einem ganzen System von Gesetzen die Frauen von klein auf geknebelt werden sollen. Dazu gehört u.a. 9-jährige Mädchen für volljährig zu erklären, damit sie verheiratet werden können. Sie rief dazu auf:

„Internationale Zusammenarbeit und Solidarität sind entscheidend, um die Rechte von Frauen weltweit zu schützen und zu stärken. Es ist an der Zeit, dass wir uns vereinen, um eine Welt zu schaffen, in der Frauen frei von Gewalt und Diskriminierung leben können. Jeder Schritt, den wir in diese Richtung unternehmen, trägt dazu bei, eine gerechtere und sicherere Zukunft für alle zu schaffen.“

In diesem Sinn widmeten wir unsere Kundgebung dem Kampf der palästinensischen Frauen und sammelten 44,-€ für humanitäre Zwecke in Gaza.

Der unablässige Regen hat uns nicht aufhalten können.

Heilbronn

Literarischer Stadtrundgang
zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen

Die FrauenRäume und der FV Courage luden zu einem literarischen Stadtrundgang ein mit kurzen Lesungen an verschiedenen Plätzen der Innenstadt. Schwerpunkt bildete die Anklage gegen Krieg und staatliche Repression.

Am Theater beleuchtete ein Romanausschnitt von Julia Alvarez den Ursprung dieses Tages mit Ermordung der drei Schwestern Mirabal.

Am Hafenmarkt wurde die Holocaust-Überlebende Esther Bejarano zitiert:

„Nie mehr schweigen, wenn Unrecht geschieht. Seid solidarisch! Bleibt mutig! Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg!“

Rosa Luxemburgs Auftritt gegen die Kriegsgefahr in Heilbronn beeindruckte am Marktplatz und ihr Aufruf an die Arbeiter, nicht auf ihre Klassenbrüder in Frankreich und anderen Ländern zu schießen. Eindrücklich der Vortrag eines ihrer Briefe aus dem Gefängnis. Verurteilt wegen ihrer Antikriegsreden war sie bis Ende des 1. Weltkriegs in Haft.

Kurze Gedichte thematisierten häusliche, sexualisierte und strukturelle Gewalt und nach dem Verdauen der Vergewaltigungsgeschichte nach einer wahren Begebenheit von Joyce Carol Oates am Neckarufer wärmten sich 25 Teilnehmer in den Frauenräumen und erfreuten sich zum Abschluss an der Überraschungsgeschichte.

Herne

Informationsstand des Frauenverbandes Courage Herne
zum Tag gegen Gewalt an Frauen*

Anlässlich des internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen führte der Frauenverband Courage in Herne in der Fußgängerzone inmitten des Weihnachtsmarktes einen Infostand durch.

Wir hatten Plakate und beschriftete Sterne vorbereitet, die Gewalt an Frauen mit all ihren Gesichtern anprangerte: in Kriegen auf der Welt, brutaler Bombardierung von Schulen und Krankenhäusern wie in Gaza, Vergewaltigungen, Flucht, Umweltkatastrophen oder Gewalt durch Partner und Expartner.

 

Wir griffen den Kapitalismus an, der all diese Dinge hervorbringt und riefen dazu auf, Mut zu fassen, sich zusammenzuschließen im Einsatz für unsere Vision, eine Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung.

Wir stießen auf große Offenheit und Interesse und vielfältige eigene Erfahrungen: so berichtete eine von Gewalt durch ihren Partner betroffen Frau von ihren schrecklichen Erlebnissen, eine Frau, die ehrenamtlich in der Telefonseelsorge ist, berichtete, dass häufig verzweifelte Frauen sich an sie wenden, die große Probleme hätten, sich von ihren Partnern zu lösen.

„Als junge Frau hatte ich eine Nachbarin, die von ihrem Mann geschlagen wurde und ich wusste nicht, wie ich mich verhalten soll. Heute bin ich mutig und biete direkt Hilfe an.“

erzählte sie, während der Ehemann, der spontan das Flugblatt abgelehnt hatte, geduldig auf sie wartete, während wir lebhaft diskutierten.

Andere Frauen bedankten sich dafür, dass wir Partei ergriffen für die palästinensischen Frauen und gleichzeitig klar Stellung nahmen gegen die faschistische Hamas. Ein Staatsanwalt nahm sich Informationsmaterial über den Frauenverband Courage mit und die Mitarbeiterin der Telefonseelsorge möchte Frauen über Courage informieren.

Wir luden alle Frauen zu unseren Treffen ein und haben uns für das kommende Jahr vorgenommen, eine Kundgebung mit verschiedenen Kräften zusammen durchzuführen. Das muss zu Jahresbeginn schon vorbereitet und der Internationale Frauentag und die Maikundgebung des DGB dafür genutzt werden, andere Organisationen und Einzelpersonen anzusprechen.

Kassel

In Kassel gingen am 25.11. ca 150 Frauen und Männer gegen die Gewalt an Frauen und Mädchen auf die Straße. Auf 4 Kundgebungen traten vor allem internationale Frauen gegen Gewalt im Iran, in Kurdistan und auch gegen den Krieg im Gaza auf.

Wir von Courage ließen es uns nicht nehmen, uns klar für den Befreiungskampf der Palästinenser in unserem Redebeitrag auszusprechen und den Stopp des Krieges im Gaza zu fordern.

Zuvor hatten sich im Kassler Frauenbündnis zwei kirchlich orientierte Gruppenvertreterinnen dagegen ausgesprochen. Wir wollen darüber in der Auswertung des Tages intensiver diskutieren. Aber auch die anstehende Tarifrunde von ver.di brachten wir ein und forderten die Solidarität aus weiteren Reihen

Der Aufruf von Courage wurde interessiert genommen und wir haben breit für die Vorbereitung des 13. Frauenpolitischen Ratschlags im November 2024 in Kassel eingeladen. Es trugen sich mehrere Gruppen und Einzelpersonen in die Vorbereitungsliste ein.

 

München

800 demonstrieren in München am Tag gegen Gewalt an Frauen
Eine bunte Mischung trotzte in München dem Schnee und Kälte. Kurdinnen, Iraner*innen, Palästinenser*innen, Linkspartei und MLPD, ver.di Frauen, Courage, Omas gegen Rechts, Offenes Frauentreffen, Amnesty International, Klasse gegen Klasse und viele mehr.

Die gemeinsam erarbeitete Bündnisrede thematisierte sowohl die Gewalt im häuslichen Umfeld als auch die Gewalt in Kriegen als strukturelle Gewalt. Die Beiträge aus dem Iran und aus Kurdistan endeten jeweils mit der kraftvoll gerufenen Parole „Jin Jian Azad“.

Im Vorfeld gab es ein intensives Ringen um die Stimmen aus Palästina und Israel. Bei Twitter wurde von einer nicht im Bündnis vertretenen Frau aufgerufen, man müsse verhindern, dass jemand aus Palästina spricht. Das Bündnis positionierte sich und kritisierte sowohl den brutalen Überfall auf Unschuldige. Genauso aber den brutalen, dann vom Zaun gebrochenen Krieg gegen die Zivilbevölkerung Gazas. Vielschichtig wurde die Situation der Frauen und Kinder beleuchtet. Die jüdische Stimme betonte Enttäuschung über die einseitigen Äußerungen der öffentlich-rechtlichen und privaten Nachrichtenagenturen. Die Stimme der Palästinenserin kritisierte den „Feminismus“ einer Außenministerin, die wohl nicht für Palästinenserinnen gelte.

Es wurde betont, dass wir eine demokratische Debattenkultur brauchen über die strittigen Fragen und keine Redeverbote. Es gibt in dieser Frage noch sehr viel zu klären, das wurde auch in Gesprächen am Rande der Kundgebung deutlich.

Nürnberg

Am diesjährigen Tag gegen Gewalt an Frauen setzten wir ein starkes Zeichen gegen Femizide, Vergewaltigung, Missbrauch, häusliche Gewalt und andere strukturelle oder psychische Formen von Gewalt. Besonders freute uns die Verstärkung durch das offene feministische Treffen Ingolstadt, die über Femizide und die Frauenhaus-Situation in Ingolstadt redeten.  Eine Vertreterin der Nürnberger Jugendgruppe für trans-Personen t*-time sprach über Gewalt, die speziell trans-Personen trifft.

Viele unsere Bündnisgruppen betonten derweilen die Gewalt, die Frauen in Kriegssituationen treffen und verknüpften die unsoziale Wirtschaftsweise mit dem Leid von Frauen und dem Patriarchat weltweit. Auch über die aktuelle Situation der Frauen im Iran wurde gesprochen.

Besonders berührend war der Abschied unserer Freundin und Genossin Banu, die auf Grundlage des Paragrafen 129a/b ausgewiesen wird. Dies sei ihr letzter 25.11. in Deutschland, doch sie wäre jedes Jahr in Gedanken auch bei uns, so Banu.

Kraftvoll und laut zog dann unsere Demonstration aus Frauen, Lesben, inter, nicht binären, trans und agender Personen durch die Nürnberger Einkaufspassage und die bereits aufgebauten Weihnachtsbuden. Circa 300 beteiligten sich an der Demo und einige mehr noch an der Kundgebung.

Wir bedanken uns bei allen, die dabei waren und mitgewirkt haben!