Noch arbeiten bundesweit 17.400 Beschäftigte in 129 Kaufhäusern von Galeria Kaufhof. Es sind überwiegend Frauen. Seit Herbst letzten Jahres hat das Amtsgericht Essen ein Insolvenzverfahren in Eigenregie für den Warenhauskonzern eröffnet.
Wir von der Hagener Courage-Gruppe treffen uns mit Julia und Markus , Beschäftigte bei Galeria Kaufhof, um über die Stimmung angesichts von Tausenden gefährdeten Jobs zu sprechen. Im März sollen die konkreten Pläne bekannt gegeben werden.
Es ist das Personal, das ein gutes Unternehmen ausmacht. Aber der Galeria-Eigner, der österreichische Milliardär René Benko, nimmt wenig Rücksicht auf uns Beschäftigte. Wir stehen einem abgebrühten Kerlchen gegenüber. Doch am Ende müssen wir in unseren Familien die Münder stopfen.
Markus geht davon aus, dass nur 85 Filialen übrigbleiben werden. Viele Beschäftigte kündigen schon. „Dieses Insolvenzverfahren gibt dem Besitzer das Recht, den Insolvenzverwalter auszusuchen. Der hat natürlich einen ausgesucht, der der Unternehmerseite gut tut.“
Julia weist darauf hin: „Es ist das Personal, das ein gutes Unternehmen ausmacht. Aber der Galeria-Eigner, der österreichische Milliardär René Benko nimmt wenig Rücksichten auf uns Beschäftigte. Wir stehen einem abgebrühten Kerlchen gegenüber. Doch am Ende müssen wir in unseren Familien die Münder stopfen. Wenn die Schließungen bekannt gegeben werden, werden wir unseren Spind leeren und mit unserem Täschchen nach Hause gehen. Das war’s dann.“ Ihr schießen schon jetzt Tränen in die Augen. Beide sind seit vielen Jahren bei Galeria. „Wir arbeiten gerne“, betonen sie. Sie berichten, dass gerade unter den Frauen eine gute Gemeinschaft entstanden ist.
Sie haben schon die Schließungen 2020 mitgemacht. Damals wurde ein sogenannter Sanierungstarifvertrag abgeschlossen. Seitdem fehlen bei jedem Beschäftigten jährlich 5.000€ auf der Lohnsteuerkarte. Letztendlich hat sich dabei nur der Eigner saniert.
Warum kommen die drohenden Schließungen gerade jetzt?
„Da ist viel schiefgelaufen“, meinen beide. Markus: „Vor der Fusion mit Karstadt war Kaufhof eine Tochter der Metro. Die Metro hat über den Einkauf aus Fernost die Preise gedrückt, um selber möglichst viel abzuschöpfen. Was den online-Handel angeht, hatte Kaufhof bereits einen Shop, der gut lief. Nach der Fusion mit Karstadt wurde das Lager an einen Dienstleister vergeben, der auch noch daran verdienen wollte. Viele Unqualifizierte wurden für kleines Geld eingestellt. Im Kaufhaus am Ende der Kette hatten wir keine Transparenz mehr, wo die Ware gerade war.“
Julia ärgert sich besonders über die gierigen Geschäfte von Benko: „Benko gehören viele Immobilien. Über Tochterfirmen verkauft er diese an seine Firma Signa Holding und wertet sie auf. Dann treibt er die Mieten in horrende Höhen, die er sich wieder von den Tochterfirmen zahlen lässt. Mit diesen Immobiliengeschäften macht er wesentlich mehr Profit als mit den Kaufhäusern. Und das zählt für ihn.“ Sicherlich wird man auch künftig eine Verzahnung von Online- und stationärem Handel brauchen. Aber sie sehen angesichts der Inflation und dem angeblich auf den Ukrainekrieg zurückzuführenden Kostenanstieg ein rückläufiges Kaufverhalten.
Was können sie tun?
Dazu gehen beiden viele Fragen durch den Kopf. „Wir wissen ja noch nicht, ob unser Laden dicht gemacht wird. Da bringt es nichts auf die Straße zu gehen.“ Wir entgegnen, dass die Kaufhof-Beschäftigten eine Belegschaft sind – egal welche Filialen im Endeffekt auf dem Schließungsplan stehen. Die Abwartehaltung nützt nur der Konzernleitung. Wer kämpft, bekommt Sympathie ist unsere Erfahrung. „… und kann gewinnen“, ergänzt Markus.
Julia hat Bedenken: „Man ist mürbe und denkt, es kommt sowieso wie es kommen muss.“
Aber sie spüren auch den Kampfgeist in den aktuellen Tarifkämpfen
Aber sie spüren auch den Kampfgeist in den aktuellen Tarifkämpfen. Sie registrieren die unzähligen Arbeitsplätze, die in vielen Branchen abgebaut werden. Sie verfolgen, wie diese Belegschaften sich verhalten. Wir sind uns sicher, dass bundesweit bereits viele Menschen auch verfolgen, wie die Kaufhof-Beschäftigten auf den ihnen angedrohten Arbeitsplatzabbau reagieren.
Wir laden sie zu unserer Kundgebung am Internationalen Frauentag ein und vereinbaren in Verbindung zu bleiben.
(Korrespondenz aus Hagen)
Foto: Courage Hagen