Frankfurter Schülerinnen und Schüler demonstrieren für einen besseren Gesundheitsschutz

250 bis 300 Schülerinnen und Schüler demonstrierten am 30. November in Frankfurt, weil sie sich an den Schulen nicht genügend gegen eine Infektion mit dem Corona-Virus geschützt fühlen. Aufgerufen zu der Demonstration hatten Jugendliche aus fünf weiterführenden Frankfurter Schulen und der StadtschülerInnenrat.
Der Mindestabstand sei an den meisten Schulen nicht einhaltbar, Masken alleine reichten nicht. Deshalb fordern sie einen wochenweisen Wechselunterricht, bei dem jeweils die Hälfte der Klasse Unterricht an der Schule hat und die andere Hälfte Distanzunterricht.

Schülerdemo in Frankfurt November 2020

„Wir haben Angst, selbst infiziert zu werden und unkontrolliert Mitschüler:innen und Familie anzustecken. Das Wechselmodell sorgt dafür, dass Ansteckungen an Schulen minimiert werden, Kontaktpersonen leichter nachverfolgt werden können und der Mindestabstand eingehalten werden kann“,

erklären sie in einem Rundmail an die Medien.

Außerdem fordern sie Luftfiltergeräte, weil in den Klassenräumen entweder nicht ausreichend gelüftet werden kann oder es eisekalt ist.

 

Mit Umhängeschild und den Flyern des Frauenverbands Courage beteilige ich mich an der Demonstration und komme beim Flyerverteilen (von der Demoleitung nicht gerne gesehen) mit etlichen Jugendlichen ins Gespräch.

Sie sind empört, weil sie mehrere Stunden am Tag mit bis zu 30 Personen in kleinen Klassenräumen dicht beieinandersitzen und es im Falle einer Infektion nur der/die Betroffene zu Hause bleiben muss, die Klasse nicht getestet wird, weitere Infektionen also in Kauf genommen werden.

Sie sind empört, weil der Leiter des Gesundheitsamts Frankfurt entgegen wissenschaftlicher Untersuchungen behauptet, die Diskussion der Übertragungsmöglichkeit durch Aerosole sei „von der Realität weit entfernt“ und innerhalb des Klassenverbands würden kaum Infektionen weitergegeben. Deshalb begann ihr Protest auch vor dem Gesundheitsamt.
Dabei gibt es laut Robert-Koch-Institut immer mehr Ausbrüche in Schulen mit hohen Neuinfektionszahlen in der Altersgruppe der 10- bis 19-Jährigen. Das Infektionsgeschehen werde in die Schulen und auch aus ihnen heraus getragen.

„Viele Eltern lassen ihre Kinder schon jetzt zu Hause, weil ihnen das Infektionsrisiko bei so vielen Menschen auf engstem Raum zu groß ist“,

sagt die Schulleiterin einer Frankfurter Gesamtschule der „Frankfurter Rundschau“. Die Schule hat nach intensiven Beratungen und digitalen Elternabenden beschlossen, Wechselunterricht zu beantragen, um die Klassen zu verkleinern.

Sie sind empört, weil ihre Gesundheit weniger wert ist als die Gewinne der Konzerne. Eine Berufsschülerin rechnet mir vor, dass ein Bruchteil der Milliarden für die Lufthansa ausreichen würde, um sämtliche Schulen mit Luftfiltern auszustatten.

Sie sind empört, weil über ihre Köpfe hinweg entschieden wird, ihre Forderungen und Vorschläge meistens nicht aufgegriffen werden, sondern nur stur das durchgezogen wird, was die Behörden vorgeben.
Einige haben schon davon gehört, dass Forschende des Max-Planck-Instituts für Chemie eine Lüftungsanlage konstruiert haben, die sich mit Materialien aus dem Baumarkt nachbauen lässt – Kosten etwa 200 Euro. Getestet wurde die Anlage an der IGS Mainz-Bretzenheim. In Laborversuchen rund 90 Prozent künstlich erzeugter Aerosolpartikel aus den Klassenzimmern entfernt.  Eine Berufsschülerin meint, wenn solche Initiativen und die der der Schülerinnen und Schüler nicht gebremst würden, könnte vieles  verbessert werden.
Ein Team der Arbeitsgruppe Experimentelle Atmosphärenforschung an der Goethe-Universität Frankfurt erprobte Luftreiniger mit Hepa-Filtern in Klassenzimmern. Dabei wurde die Raumluft pro Stunde etwa 5,5 Mal gefiltert. Das Ergebnis: die Aerosolkonzentration fiel innerhalb von 37 Minuten um mehr als 90 % gegenüber dem Beginn der Unterrichtsstunde. An einigen Frankfurter Schulen haben inzwischen Eltern und Fördervereine es selbst in die Hand genommen, solche Luftreinigungsgeräte zu beschaffen bzw. auszuleihen. Ob sie genehmigt werden steht in den Sternen. In einem Artikel im Ärzteblatt vom Dezember 2020 erklärten Vertreter des Frankfurter Gesundheitsamts, die Geräte seien nicht nötig und würden nicht genehmigt, Abstand halten, Händewaschen, eventuell Maske und lüften reiche. Die Kinder und Jugendlichen und ihre Lehrkräfte sollen sich halt warm anziehen. Die gespendeten Decken dürfen sie immerhin sofort benutzen – das kostet ja auch nichts.

Ich war eine von ein paar wenigen Erwachsenen bei der Demonstration. Mein Schild mit Courage-Logo sollte ich allerdings nicht zeigen. Das Orga-Team hätte beschlossen, dass keine Organisationen in Erscheinung treten sollten, um das „mediale Bild“ der „Schülerdemo“ nicht zu stören. Dabei ist das, was an den Schulen passiert, Sache aller, denen die Gesundheit und die Zukunft der Jugend am Herzen liegen, wie uns Courage-Frauen. 14 Tage später demonstrierten Lehrkräfte für die gleichen Forderungen. Um diese durchzusetzen müssen die Kräfte gebündelt werden.
Offensichtlich hatte sie auch der Slogan auf dem Schild „JA – zu ausreichendem Gesundheitsschutz – Nein zum drastischen Abbau demokratischer Rechte“ verunsichert – eine Auswirkung der Demagogie der Corona-Leugner. Als sie nach anfänglichem Zögern den Flyer lesen, kommt einer zurück und sagt „Sehr gute Forderungen“. Ich solle mich doch beim nächsten Mal vorher beim Stadtschülerrat anmelden.

Bericht: Frauenverband Courage Gruppe Frankfurt