Hagen, 25. Juli 2020
Offener Brief zur Schulöffnung angesichts der Corona-Pandemie
Sehr geehrter Herr Schulz, sehr geehrter Herr Laschet!
Gut zwei Wochen vor dem Ende der Sommerferien haben wir auf einem Treffen vom Frauenverband Courage in Hagen über unsere Sorgen in Sachen Corona-Pandemie angesichts der bevorstehenden Schulöffnungen gesprochen. Wir befürworten unbedingt im Interesse aller Beteiligten die Rückkehr der Schulen zum Regelbetrieb. Die Pandemie hat aber auch ein Schlaglicht auf verschiedene Mängel im Schulwesen geworfen, die nun unbedingt geändert werden sollten, wie zu große Klassen, marode Sanitäranlagen und unzureichende Digitalisierung. In der jetzigen Situation halten wir es für äußerst riskant, wenn die Abstandsregeln in den Schulen aufgehoben werden, wenn die Lerngruppen zu groß und die Personaldecke der Lehrer und Betreuer zu dünn ist. Die Vorschläge der Landesregierung zur Einstellung von Fachlehrern, pädagogischen Kräften und mehr Vertretungslehrern gehen grundsätzlich in die richtige Richtung. Das sollte allerdings kein kurzfristiges Manöver sein, das auf dem Rücken der Beschäftigten, z.B. mit Verschlechterung der Arbeitsverträge stattfindet.
Außerdem fragen wir uns: Wie ist die Situation im Sanitärbereich und im Hinblick auf Hygienemaßnahmen an den Schulen?
Das Risiko von erneuten Infektionsketten ausgehend von Schulen wurde noch vor den Sommerferien u.a. in Hagen deutlich. Nach wenigen Tagen Öffnung mussten das Gymnasium Hohenlimburg und die Fritz-Steinhoff-Gesamtschule wieder geschlossen werden, weil es zu Infektionen kam. Solche Schließungen müssen im Interesse der Familien und der Kinder unbedingt vermieden werden.
Nein, Herr Laschet, im Interesse der Gesundheit unserer Kinder und Familien müssen Infektionsketten vor allem unterbrochen werden. Alle anderen Prioritäten sind unverantwortlich.
Uns ist es wichtig, im Interesse der gesamten Gesellschaft, die Pandemie unter Kontrolle zu halten. Deshalb beunruhigt es uns zutiefst, wenn die Landesregierung erklärt, es ginge bei den Schulöffnungen vor allem darum, mögliche Infektionsketten nachvollziehbar zu machen.
Nein, Herr Laschet, im Interesse der Gesundheit unserer Kinder und Familien müssen Infektionsketten vor allem unterbrochen werden. Alle anderen Prioritäten sind unverantwortlich. Dazu halten wir folgendes für notwendig:
- Massenhafte Tests von Schülern und Lehrern!
- Kleine beständige Lerngruppen, die den notwendigen Abstand von 1,5m in den Unterrichtsräumen einhalten können!
- Einstellung von mehr Personal in Schulen und Kitas!
- Gewährleistung der notwendigen Schutz- und Hygienemaßnahmen!
- Digitalisierung der Schulen, die die Kinder aus allen sozialen Gruppen mitnimmt!
Die Kleinsten dürfen nicht die größten Verlierer dieser Krise sein!
Natürlich kosten diese Dinge Geld. Es leuchtet uns aber nicht ein, dass wir von Jahr zu Jahr mehr Steuern und Gebühren zahlen und dann in solch kritischen Momenten kein Geld für die Bevölkerung da sein soll. Die Kleinsten dürfen nicht die größten Verlierer dieser Krise sein!
In Hagen wurden 50 Millionen € mit Zinswetten verspekuliert. Die vielfach bedauerten hohen Schulden des Hagener Haushalts sind mit fast 20 Millionen € Zinsen jährlich ein warmer Regen für die Banken. Und wenn die Bundesregierung mal eben 9 Mrd.€ an die Lufthansa zahlen kann, dann müssen diese Gelder einfach mal zur Entschuldung der Kommunen eingesetzt werden.
In zwei Wochen gehen die Sommerferien zu Ende. Wir Frauen erwarten, dass von der NRW-Landesregierung und den politisch Verantwortlichen in Hagen Klartext zu den Schulöffnungen im Sinne von Frauen, Kindern, Familien und Beschäftigten gesprochen wird.
Mit couragierten Grüßen
i.A. Magret Sarrazin